Seit Jahren dominiert die Kawasaki Z900 die Zulassungsstatistiken und hat sich als einer der unangefochtenen Könige im Naked-Bike-Segment etabliert. Ihr Erfolgsrezept: ein seidiger, bärenstarker Vierzylinder, ein spielerisches Handling und ein Preis-Leistungs-Verhältnis, das die Konkurrenz regelmäßig ins Schwitzen bringt. Für das Modelljahr 2025 hat Kawasaki seinen Bestseller behutsam, aber an den richtigen Stellen weiterentwickelt, um die Vormachtstellung zu verteidigen. Kann die Z900 auch weiterhin die perfekte Balance aus Alltagsvernunft und aggressivem Fahrspaß halten?
Das Herzstück: Die Faszination des 948-ccm-Vierzylinders
Der 948-Kubik-Reihenvierzylinder ist und bleibt das Prunkstück der Z900. Mit 125 PS und 98,6 Nm Drehmoment bietet er eine Performance, die weit über das hinausgeht, was man in dieser Preisklasse erwarten würde. Seine wahre Stärke ist jedoch nicht die reine Spitzenleistung, sondern die unnachahmlich geschmeidige und lineare Kraftentfaltung. Der Motor hängt dank Ride-by-Wire-System perfekt am Gas, ist im Stadtverkehr lammfromm und vibrationsarm fahrbar, um dann ab 6.000 U/min mit einem heiseren Fauchen seine sportliche Seite zu entfesseln. Er ist ein Meister des Spagats: kultivierter Alltagsbegleiter und aggressives Sportgerät in einem. Diese Ausgewogenheit ist es, die ihn für eine so breite Masse an Fahrern attraktiv macht.

Tipp von Mathias Kalb: Auch wenn die Z900 jetzt über Fahrmodi verfügt, ist der „Road“-Modus für fast alle Lebenslagen die beste Wahl. Er kombiniert die volle Leistung mit einer sanften Gasannahme. Der „Sport“-Modus ist spürbar direkter und eignet sich hervorragend für engagierte Angriffe auf der Hausstrecke, kann im Alltagsverkehr aber unnötig nervös wirken.
Technische Daten der Kawasaki Z900 / SE (2025)
Merkmal | Z900 | Z900 SE |
Motor | Flüssigkeitsgekühlter 4-Zylinder-Reihenmotor, DOHC | (identisch) |
Hubraum | 948 cm³ | (identisch) |
Leistung | 92,2 kW (125 PS) bei 9.500 U/min | (identisch) |
Drehmoment | 98,6 Nm bei 7.700 U/min | (identisch) |
Sitzhöhe | 820 mm | 820 mm |
Gewicht (fahrfertig) | 212 kg | 213 kg |
Fahrwerk hinten | Horizontal Back-link, einstellbar | Öhlins S46 Monofederbein |
Bremsen vorne | 300-mm-Scheiben, Nissin 4-Kolben-Sättel | Brembo M4.32 Monoblock-Sättel |
Preis (Deutschland) | ab 10.495 € | ab 11.995 € |
Fahrverhalten: Der spielerische Athlet
Die Z900 war schon immer für ihr leichtfüßiges und agiles Handling bekannt, und die neueste Generation macht hier keine Ausnahme. Trotz ihres Gewichts von 212 kg lässt sie sich mit spielerischer Leichtigkeit in Kurven werfen und dirigieren. Der Gitterrohrrahmen bietet eine exzellente Rückmeldung und Stabilität. Die Sitzposition ist sportlich-vorderradorientiert, aber nicht extrem, was sie auch für längere Touren komfortabel macht.
Die SE-Version: Das Performance-Upgrade für Kenner
Ähnlich wie bei der Z900RS stellt die SE-Version eine signifikante Aufwertung dar. Der Aufpreis von rund 1.500 € ist eine lohnende Investition für ambitionierte Fahrer. Das Öhlins-Federbein am Heck und die bissigeren Brembo-Bremsen heben das Fahrverhalten auf ein neues Niveau. Die SE ist straffer, präziser und bietet deutlich mehr Reserven für den schnellen Ritt. Sie verwandelt den ohnehin schon kompetenten Athleten in einen echten Präzisions-Sportler.

Elektronik und Design: Notwendige Evolution
Mit dem Update erhielt die Z900 die lang ersehnten modernen Features: ein TFT-Farbdisplay, integrierte Fahrmodi und eine mehrstufige Traktionskontrolle (KTRC). Das aggressive „Sugomi“-Design wurde weiter geschärft und verleiht dem Bike eine geduckte, sprungbereite Haltung. Sie sieht genauso aus, wie sie sich fährt: schnell, aggressiv und muskulös.
Der Ingenieur-Kompromiss: Preis-Leistung vs. Hightech-Features
Um den extrem wettbewerbsfähigen Preis zu halten, verzichtet Kawasaki bei der Z900 auf einige Hightech-Features der teureren Konkurrenz. Wer sich für die Z900 entscheidet, erhält ein fantastisches mechanisches Gesamtpaket, opfert aber die allerneuesten elektronischen Assistenzsysteme. So arbeitet die Traktionskontrolle nicht schräglagenabhängig, da keine 6-Achsen-IMU verbaut ist. Ein Quickshifter mit Blipper-Funktion ist ebenfalls nur gegen Aufpreis erhältlich. Der Kompromiss lautet: Man bekommt einen der besten Motoren und ein exzellentes Chassis für sein Geld, muss aber auf das letzte Quäntchen elektronischer Raffinesse verzichten.
Der „Preis eines Fehlers“: Falsche Erwartungen an die A2-Version
Ein häufiger Fehler ist die Annahme, die auf 48 PS (35 kW) gedrosselte A2-Version würde sich genauso leichtfüßig fahren wie dedizierte A2-Bikes.
- Problem: Ein Fahranfänger wählt die Z900 als erstes Motorrad und ist vom hohen Gewicht überrascht.
- Lösung: Eine ehrliche Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Körperkraft.
- Ergebnis (bei Nichtbeachtung): Die Z900 ist mit 212 kg ein schweres Motorrad. Auch mit 48 PS bleibt dieses Gewicht beim Rangieren und bei langsamer Fahrt eine Herausforderung. Die „Kosten“ sind hier ein potenzieller Verlust an Vertrauen und Sicherheit für den Anfänger. Leichtere Alternativen wie die Z650 oder Z500 sind oft die intelligentere Wahl für den Einstieg, auch wenn die Z900 als „offene“ Version später mehr Potenzial bietet.
Der Vergleich in der Naked-Bike-Oberliga
Die Z900 kämpft in einem der härtesten Segmente auf dem Markt.
Modell | Motor | Charakter | Stärken | Schwächen |
Kawasaki Z900 | 4-Zylinder-Reihe | Der geschmeidige Alleskönner | Seidenweicher Motor, agiles Handling, Preis-Leistung | Elektronik simpel, hohes Gewicht |
Yamaha MT-09 | 3-Zylinder-Reihe | Der aggressive Rebell | Extrem agil, emotionaler Motor, Top-Elektronik | Nervöser Charakter, polarisierendes Design |
KTM 890 Duke R | 2-Zylinder-Reihe | Das Skalpell | Extrem leicht, ultra-präzise, Rennstrecken-Fokus | Weniger Alltagskomfort, hoher Preis |

Die Yamaha ist der wildere, technologisch überlegene Rivale. Die KTM ist das kompromisslose Präzisionswerkzeug für die Rennstrecke. Die Kawasaki Z900 ist der unschlagbare Allrounder – sie ist komfortabler, laufruhiger und zugänglicher als die Konkurrenz und bietet dabei 95% deren Performance zu einem deutlich geringeren Preis.
Fazit: Für wen ist die Kawasaki Z900 die richtige Wahl?
Die Kawasaki Z900 ist das perfekte Motorrad für den Fahrer, der „ein“ Motorrad für alles sucht. Sie ist der ideale Partner für die tägliche Fahrt zur Arbeit, die schnelle Feierabendrunde und die Wochenendtour über die Alpen. Sie ist eine exzellente Wahl für Aufsteiger aus kleineren Klassen, die einen potenten, aber nicht Furcht einflößenden Vierzylinder suchen.
Sie ist vielleicht nicht das aufregendste, leichteste oder technologisch fortschrittlichste Naked Bike. Aber sie ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das ausgewogenste, unkomplizierteste und vom Preis-Leistungs-Verhältnis her intelligenteste Angebot in der Klasse bis 1000 Kubik. Sie ist der unangefochtene König der Mitte, und das aus gutem Grund.
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