Triumph Tiger Sport 660 (2025) im Test: Der Gentleman-Allrounder?

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Geschrieben von Mathias Kalb

Zurzeit besitze ich zwei Motorräder: einen Honda ADV-Roller für den Alltag und eine Kawasaki Ninja 1000 zum Beschleunigen am Wochenende.

Die Klasse der Mittelklasse-Reiseenduros und Crossover-Bikes wird von Zweizylindern dominiert. Triumph bricht mit dieser Konvention und schickt mit der Tiger Sport 660 das einzige Motorrad mit einem Dreizylinder-Motor ins Rennen. Basierend auf der erfolgreichen Trident-660-Plattform, verspricht sie eine einzigartige Mischung aus sportlichem Charakter, hohem Reisekomfort und britischem Premium-Anspruch – und das zu einem überraschend wettbewerbsfähigen Preis. Ist dieser „Triple-Vorteil“ der entscheidende Faktor, um die etablierte Konkurrenz in den Schatten zu stellen?

Das Herzstück: Die Magie des 660er-Dreizylinders

Der 660-Kubik-Reihen-Dreizylinder ist das unbestrittene Alleinstellungsmerkmal und die größte Stärke der Tiger Sport 660. Er ist ein Meister des Kompromisses und vereint die besten Eigenschaften von Zwei- und Vierzylindern. Mit 81 PS und 64 Nm Drehmoment liefert er einen druckvollen Antritt aus dem Drehzahlkeller, ähnlich einem Zweizylinder, dreht aber gleichzeitig seidenweich und gierig hoch wie ein Vierzylinder. Diese lineare und extrem flexible Leistungsentfaltung macht das Fahren unglaublich unkompliziert und souverän. Der Motor hat für jede Lebenslage die passende Antwort, untermalt vom charakteristischen, heiseren Fauchen des Triples.

Tipp von Mathias Kalb: Die Tiger Sport 660 verfügt über zwei Fahrmodi: „Road“ und „Rain“. Für den Alltag ist der „Road“-Modus perfekt. Zögern Sie jedoch nicht, den „Rain“-Modus auch auf trockener, aber verschmutzter oder unbekannter Straße zu nutzen. Die sanftere Gasannahme sorgt für ein Plus an Vertrauen und Sicherheit, ohne die Leistung spürbar zu kastrieren.

Technische Daten der Triumph Tiger Sport 660 (2025)

Merkmal
Daten
Motor
Flüssigkeitsgekühlter 3-Zylinder-Reihenmotor, DOHC
Hubraum
660 cm³
Leistung
60 kW (81 PS) bei 10.250 U/min
Drehmoment
64 Nm bei 6.250 U/min
Sitzhöhe
835 mm
Gewicht (fahrfertig)
206 kg
Tankinhalt
17,2 Liter
Fahrwerk vorne
41 mm Showa Separate Function Fork (SFF)
Fahrwerk hinten
Showa Monofederbein mit hydraulisch einstellbarer Vorspannung
Preis (Deutschland)
ab 9.595 € (Stand 2025)

Fahrverhalten und Komfort: Sport oder Tour?

Die Tiger Sport 660 schafft eine beeindruckende Balance. Das Fahrwerk mit den hochwertigen Showa-Komponenten ist straff genug für eine sportliche, präzise Linienwahl, bietet aber gleichzeitig genügend Komfort, um auch schlechte Straßen glattzubügeln. Mit 150 mm Federweg vorne und hinten ist sie klar auf die Straße ausgelegt. Das Handling ist neutral und sehr zugänglich, das relativ geringe Gewicht von 206 kg trägt zur spielerischen Agilität bei. Die Ergonomie ist der entscheidende Unterschied zur nackten Trident: Die aufrechte, entspannte Sitzposition und der exzellente Windschutz der verstellbaren Scheibe machen sie zu einer ernstzunehmenden Tourenmaschine, mit der auch lange Etappen ermüdungsfrei möglich sind.

Der Ingenieur-Kompromiss: Allrounder statt Spezialist

Die Triumph Tiger Sport 660 ist bewusst als Allrounder für die Straße konzipiert. Wer sich für dieses ausbalancierte Paket entscheidet, opfert die spezialisierten Fähigkeiten anderer Konzepte. Sie hat nicht die Hardcore-Offroad-Fähigkeiten einer echten Reiseenduro wie der Tiger 900 Rally. Sie hat auch nicht die extreme Spitzenleistung oder das messerscharfe Handling eines reinen Sportmotorrads. Der Kompromiss ist: Man erhält ein Motorrad, das auf Asphalt in 95 % aller Situationen eine exzellente Figur macht, verzichtet aber bewusst auf die Extreme, die in der realen Welt oft mehr Nachteile als Vorteile bringen.

Ausstattung und Qualität: Premium zum Mittelklasse-Preis?

Ja, die Ausstattung ist für diese Preisklasse bemerkenswert. Ein multifunktionales TFT-Display ist ebenso serienmäßig wie eine Traktionskontrolle, zwei Fahrmodi und eine Voll-LED-Beleuchtung. Besonders clever ist die hydraulische, per Handrad einstellbare Federvorspannung am Heck – ein Feature, das das Anpassen an Sozius- oder Gepäckbetrieb zum Kinderspiel macht. Die Verarbeitungsqualität, die Lackierung und die Haptik der Schalter sind auf dem hohen Niveau, das man von Triumph erwartet.

Der „Preis eines Fehlers“: Falsche Beladung ohne Anpassung

Das einfach zu bedienende Handrad für die Federvorspannung ist ein Segen, aber nur, wenn man es nutzt.

  • Problem: Ein Fahrer nimmt einen Sozius mit, passt die Federvorspannung aber nicht an.
  • Lösung: Einige Umdrehungen am Handrad im Uhrzeigersinn, um die Federbasis zu erhöhen.
  • Ergebnis (bei Nichtbeachtung): Das Heck sackt ein, das Fahrverhalten wird schwammig und instabil, und die Scheinwerfereinstellung ist zu hoch. Die „Kosten“ sind ein signifikanter Verlust an Sicherheit und Fahrspaß. Der schlimmste Fehler ist jedoch, für die Solo-Fahrt die Vorspannung auf „maximal“ zu belassen. Dann wird das Fahrwerk bockig, unkomfortabel und verliert an Grip, da das Heck bei Unebenheiten zum Springen neigt.

Der Vergleich in der Crossover-Klasse

Die Tiger Sport 660 muss sich gegen die etablierten Zweizylinder-Bestseller beweisen.

Modell
Motor
Charakter
Stärken
Schwächen
Triumph Tiger Sport 660
3-Zylinder-Reihe
Der kultivierte Sport-Tourer
Einziger Dreizylinder, Laufkultur, Top-Ausstattung
Weniger „Abenteuer“-Look, höherer Preis
Yamaha Tracer 7
2-Zylinder-Reihe
Der agile Rebell
Emotionaler CP2-Motor, extrem leicht, Preis
Weniger komfortabel, einfachere Verarbeitung
Kawasaki Versys 650
2-Zylinder-Reihe
Der unkomplizierte Gleiter
Komfortabel, guter Windschutz, sehr zuverlässig
Weniger aufregend, höheres Gewicht

Die Yamaha ist die leichtere, verspieltere und günstigere Wahl. Die Kawasaki ist der unzerstörbare, komfortable Kilometerfresser. Die Triumph ist die kultivierteste, am besten ausgestattete und vom Motor her einzigartige Alternative für den Fahrer, der mehr als nur einen Zweizylinder sucht.

Fazit: Für wen ist die Triumph Tiger Sport 660 die richtige Wahl?

Die Triumph Tiger Sport 660 ist das perfekte Motorrad für den anspruchsvollen Alltagsfahrer und Touren-Enthusiasten. Sie ist die ideale Wahl für alle, die ein Motorrad suchen, das den täglichen Weg zur Arbeit genauso souverän meistert wie die ausgedehnte Wochenendtour, und das dabei einen einzigartigen, sportlich-kultivierten Charakter bietet.

Sie ist die Antwort für alle, denen ein Zweizylinder zu rau und ein Vierzylinder zu langweilig ist. Sie kombiniert auf brillante Weise Sportlichkeit, Komfort und einen Hauch von Premium-Gefühl zu einem extrem attraktiven Gesamtpaket. In der Klasse der alltagstauglichen Alleskönner ist sie nicht nur eine Alternative, sondern ein echter Geheimtipp.

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