BMW G 310 GS (2025) im Test: Das Ticket zum Abenteuer für jeden Tag?

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Geschrieben von Mathias Kalb

Zurzeit besitze ich zwei Motorräder: einen Honda ADV-Roller für den Alltag und eine Kawasaki Ninja 1000 zum Beschleunigen am Wochenende.

Die BMW G 310 GS trägt einen großen Namen. Sie verspricht, das legendäre „GS“-Gefühl – die Mischung aus Tourentauglichkeit, Robustheit und einem Hauch von Weltreise-Abenteuer – in die A2-Einsteigerklasse zu transportieren. Gebaut in Indien in Kooperation mit TVS, soll sie der zugängliche Einstiegspunkt in die wohl berühmteste Motorradfamilie der Welt sein. Doch kann ein 34-PS-Einzylinder diesem Erbe gerecht werden, oder ist das „GS“-Logo hier mehr Marketing als Substanz?

Der Antrieb: Reicht der Einzylinder für das GS-Versprechen?

Der 313-Kubik-Einzylinder ist identisch mit dem der G 310 R und leistet 34 PS sowie 28 Nm Drehmoment. Für eine Reiseenduro ist jedoch nicht die Spitzenleistung, sondern die Nutzbarkeit entscheidend. Dank Ride-by-Wire reagiert der Motor sanft und berechenbar auf Gasbefehle, was besonders im Stadtverkehr und auf losem Untergrund Vertrauen schafft. Er ist drehfreudig und für seine Klasse ausreichend spritzig, um im Verkehr mitzuschwimmen und auf der Landstraße Spaß zu haben. Man muss sich jedoch im Klaren sein: Dies ist kein drehmomentstarker Büffel wie die großen Boxer-GS-Modelle. Überholvorgänge wollen geplant, Steigungen mit dem passenden Gang genommen werden. Für die entspannte Tour und das tägliche Pendeln ist der Motor ein absolut adäquater, sparsamer und unkomplizierter Begleiter.

Tipp von Mathias Kalb: Lernen Sie, das Drehmoment des Motors zu nutzen. Anstatt ständig hohe Drehzahlen zu jagen, schalten Sie einen Gang höher und surfen Sie auf der Drehmomentwelle zwischen 5.000 und 7.500 U/min. Das ist nicht nur entspannter, sondern auch effizienter und passt besser zum Charakter einer GS.

Technische Daten der BMW G 310 GS (2025)

Merkmal
Daten
Motor
Flüssigkeitsgekühlter 1-Zylinder-Motor, DOHC
Hubraum
313 cm³
Leistung
25 kW (34 PS) bei 9.250 U/min
Drehmoment
28 Nm bei 7.500 U/min
Sitzhöhe
835 mm (optional 820 mm / 850 mm)
Gewicht (fahrfertig)
175 kg
Tankinhalt
11,5 Liter
Fahrwerk vorne
41 mm Upside-Down-Gabel, nicht einstellbar
Fahrwerk hinten
Zentralfederbein, Federvorspannung einstellbar
Federweg (v/h)
180 mm / 180 mm
Preis (Deutschland)
ab 6.550 € (Stand 2025)

Fahrwerk und Handling: Wie viel „Gelände“ steckt in der kleinen GS?

Hier zeigt sich der wahre GS-Charakter. Mit 180 mm Federweg vorne und hinten hat die G 310 GS deutlich mehr Reserven als ihre Roadster-Schwester. Das Fahrwerk ist auf Komfort ausgelegt und schluckt schlechte Straßen, Kopfsteinpflaster und sogar leichte Schlaglöcher souverän. In Kombination mit dem 19-Zoll-Vorderrad ergibt sich ein sehr stabiles und vertrauenerweckendes Fahrverhalten. Auf Schotterpisten und Feldwegen ist die kleine GS absolut in ihrem Element. Sie lässt sich spielerisch dirigieren und ermutigt den Fahrer, auch mal die asphaltierte Straße zu verlassen. Für hartes Gelände ist sie jedoch nicht gebaut – dafür fehlt es dem Fahrwerk an Einstellmöglichkeiten und den Felgen an Robustheit.

Der Ingenieur-Kompromiss: Allround-Fähigkeiten vs. Spezialisierung

Um ein leichtes, zugängliches und preiswertes Motorrad zu bauen, muss man Kompromisse eingehen. Wer sich für die G 310 GS entscheidet, bekommt einen fantastischen Allrounder. Man opfert jedoch die spezialisierten Fähigkeiten, die teurere Maschinen auszeichnen. Das Fahrwerk ist nicht einstellbar, die Elektronik beschränkt sich auf das Nötigste (ABS), und die Motorleistung ist für schnelle Autobahnetappen mit Gepäck limitiert. Der Kompromiss ist also: Man erhält ein Motorrad, das 80 % von allem gut kann – von der Stadt über die Landstraße bis zum Feldweg –, aber in keiner Einzeldisziplin absolute Spitzenleistungen erbringt. Für die meisten Fahrer ist genau das die Definition von Vielseitigkeit.

Ergonomie und Qualität: Fühlt man sich wie auf einer großen GS?

Die Sitzposition ist der einer großen GS erstaunlich ähnlich: aufrecht, entspannt und mit einem hervorragenden Überblick über das Verkehrsgeschehen. Mit 835 mm ist die Sitzhöhe zwar höher als bei der G 310 R, aber durch die schmale Taille des Motorrads kommen die meisten Fahrer gut mit den Füßen auf den Boden. Die Verarbeitungsqualität ist auf dem von BMW gewohnten, hohen Niveau. Alles fühlt sich solide und langlebig an. Der serienmäßige Gepäckträger ist nicht nur Zierde, sondern ein praktisches Detail, das die Tourentauglichkeit unterstreicht.

Der „Preis eines Fehlers“: Fahren im Gelände mit Straßen-Luftdruck

Ein klassischer Anfängerfehler ist es, einen Schotterweg mit dem vollen Straßen-Luftdruck in den Reifen in Angriff zu nehmen.

  • Problem: Der Fahrer verlässt den Asphalt, ohne den Reifendruck anzupassen (z.B. vorne 2,2 Bar, hinten 2,5 Bar).
  • Lösung: Reduzieren des Luftdrucks um ca. 0,5 – 0,8 Bar, um die Aufstandsfläche des Reifens zu vergrößern.
  • Ergebnis (bei Nichtbeachtung): Der harte Reifen hat auf losem Untergrund kaum Grip. Das Vorderrad neigt zum „Wegschmieren“, das Hinterrad zum Durchdrehen. Die „Kosten“ sind hier nicht finanzieller Natur, sondern ein massiver Verlust an Kontrolle und Sicherheit, der schnell zu einem harmlosen Rutscher oder einem Sturz führen kann. Das Wiederherstellen des korrekten Drucks an der nächsten Tankstelle ist eine kleine Mühe, die den Fahrspaß und die Sicherheit im leichten Gelände exponentiell erhöht.

Die Konkurrenz im A2-Abenteuer-Segment

Die kleine GS ist nicht allein. Sie trifft auf starke und teils spezialisiertere Konkurrenten.

Modell
Motor
Leistung
Gewicht
Stärken
Schwächen
BMW G 310 GS
1-Zylinder
34 PS
175 kg
Hohe Qualität, Komfort, einfaches Handling
Weniger Leistung, Basis-Elektronik
KTM 390 Adventure
1-Zylinder
44 PS
172 kg
Stärkster Motor, Top-Elektronik (TFT, TC)
Strafferes Fahrwerk, anspruchsvoller
Royal Enfield Himalayan
1-Zylinder
24,3 PS
199 kg
Extrem robust, sehr günstig, Offroad-Fokus
Schwacher Motor, hohes Gewicht

Die KTM 390 Adventure ist das Power-Paket mit der besten Elektronik. Die Royal Enfield Himalayan ist der unzerstörbare, entschleunigte Abenteurer für Puristen. Die BMW G 310 GS ist der ausgewogene Premium-Allrounder, der Komfort und Qualität über die reine Leistung stellt.

Fazit: Für wen ist die BMW G 310 GS das richtige Abenteuer?

Die BMW G 310 GS ist das perfekte Motorrad für Einsteiger und pragmatische Alltagsfahrer, die vom großen Abenteuer träumen, aber ein unkompliziertes, zuverlässiges und hochwertiges Fahrzeug für jeden Tag brauchen. Sie ist eine hervorragende Pendler-Maschine, die am Wochenende nicht vor einer Tour über schlechte Landstraßen oder einen Schotterpass zurückschreckt.

Sie ist nicht die stärkste, nicht die leichteste und nicht die geländegängigste Option in ihrer Klasse. Aber sie ist diejenige, die das „GS“-Versprechen von Vielseitigkeit und Qualität am überzeugendsten in das Kompaktsegment überträgt. Sie ist ein echtes Abenteuer-Motorrad – eines für die Abenteuer, die direkt vor der eigenen Haustür beginnen.

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