In einer Welt, in der Reiseenduros zu technologischen Statussymbolen mit aberwitzigen Leistungsdaten mutiert sind, ist die Suzuki V-Strom 1050DE eine erfrischend ehrliche und bodenständige Erscheinung. Sie prahlt nicht mit der höchsten PS-Zahl oder dem größten TFT-Display. Ihre Währung ist eine andere: unerschütterliche Zuverlässigkeit, ein charakterstarker V2-Motor und echte Offroad-Kompetenz. Die DE-Version („Dual Explorer“) mit ihrem 21-Zoll-Vorderrad und langen Federwegen ist eine direkte Hommage an Suzukis Rally-Historie und ein klares Bekenntnis zum Abenteuer abseits befestigter Wege.
Das Herzstück: Die unsterbliche Seele des V2-Motors
Der 1.037-Kubik-90-Grad-V2 ist ein Veteran, der über Jahre perfektioniert wurde und das Herzstück der V-Strom bildet. Mit 107 PS und 100 Nm Drehmoment ist er potent, aber seine wahre Stärke liegt im Charakter. Er liefert einen satten, druckvollen Schub aus dem Drehzahlkeller, der auf Schotterpisten exzellent dosierbar ist und auf der Landstraße für souveräne Überholmanöver sorgt. Im Gegensatz zu den laufruhigen Reihen-Zweizylindern der Konkurrenz pulsiert der V2 spürbar, er lebt, er stampft – er vermittelt ein mechanisches, authentisches Fahrgefühl, das süchtig macht. Er ist vielleicht nicht der kultivierteste, aber definitiv einer der emotionalsten Motoren in dieser Klasse.

Tipp von Mathias Kalb: Nutzen Sie den „Gravel“-(Schotter)-Modus (G-Mode) im Gelände. Er ist eine fantastische Ingenieursleistung. Das System erlaubt einen gewissen, kontrollierten Schlupf am Hinterrad, was das Driften und Lenken mit dem Gas ermöglicht, greift aber sanft ein, bevor die Situation kritisch wird. Für erfahrene Piloten ist dies der perfekte Kompromiss aus Fahrspaß und Sicherheit.
Technische Daten der Suzuki V-Strom 1050DE (2025)
Merkmal | Daten |
Motor | Flüssigkeitsgekühlter 90°-V-Twin-Motor, DOHC |
Hubraum | 1.037 cm³ |
Leistung | 79 kW (107 PS) bei 8.500 U/min |
Drehmoment | 100 Nm bei 6.000 U/min |
Sitzhöhe | 880 mm |
Gewicht (fahrfertig) | 252 kg |
Tankinhalt | 20 Liter |
Federweg (v/h) | 170 mm / 169 mm |
Räder | 21 Zoll vorne / 17 Zoll hinten (Speichenräder) |
Preis (Deutschland) | ab 15.800 € (Stand 2025) |
Fahrwerk und Offroad-Performance: Mehr als nur ein Feldweg-Kratzer?
Ja, die DE-Version meint es ernst. Das 21-Zoll-Vorderrad, die längeren Federwege und die robusten Speichenräder sind die entscheidenden Upgrades gegenüber dem Standardmodell. Das voll einstellbare Kayaba-Fahrwerk bietet genügend Reserven, um auch gröberes Gelände und schnelle Schotterpassagen souverän zu meistern. Die Ergonomie ist perfekt auf das Fahren im Stehen ausgelegt, mit einem breiten Lenker und robusten Fußrasten. Die V-Strom 1050DE ist vielleicht keine leichtfüßige Hard-Enduro, aber sie ist eine extrem kompetente und vertrauenerweckende Maschine, die ihren Fahrer dazu ermutigt, den Abzweig auf den unbefestigten Weg zu nehmen.
Der Ingenieur-Kompromiss: Robustheit vs. Leichtgewicht
Das gesamte Konzept der V-Strom ist auf maximale Robustheit und Langlebigkeit ausgelegt. Wer sich für diesen „Panzer“ von einem Motorrad entscheidet, akzeptiert den Kompromiss des Gewichts. Mit 252 kg fahrfertig ist sie eines der schwersten Motorräder in ihrer Klasse. Auf der Straße sorgt dieses Gewicht für eine unerschütterliche Stabilität, fast wie bei einem Zug auf Schienen. Im sehr technischen, langsamen Gelände wird es jedoch zur Herausforderung und erfordert einen erfahrenen und kräftigen Piloten. Der Kompromiss lautet: Man tauscht die spielerische Leichtigkeit moderner, leichterer Enduros gegen das unbezahlbare Gefühl, ein Motorrad zu fahren, das gebaut ist, um alles zu überstehen.

Elektronik und Ausstattung: Pragmatisch und funktional
Suzuki verzichtet auf den technologischen Overkill mancher Konkurrenten und konzentriert sich auf das Wesentliche. Das S.I.R.S. (Suzuki Intelligent Ride System) ist ein umfassendes Elektronikpaket mit Kurven-ABS, mehrstufiger Traktionskontrolle, Fahrmodi, Tempomat und einem Quickshifter. Die Bedienung über das 5-Zoll-TFT-Display ist logisch und einfach, ohne sich in unzähligen Untermenüs zu verlieren. Alles ist darauf ausgelegt, einfach und zuverlässig zu funktionieren – eine typische Suzuki-Tugend.
Der „Preis eines Fehlers“: Falscher Reifendruck im Gelände
Dies ist der universellste und zugleich kritischste Fehler bei jeder Reiseenduro.
- Problem: Ein Fahrer nimmt einen steinigen Offroad-Pass mit vollem Straßen-Luftdruck in Angriff.
- Lösung: Reduzierung des Luftdrucks um 0,5 – 1,0 Bar, je nach Untergrund.
- Ergebnis (bei Nichtbeachtung): Der harte Reifen „springt“ über Steine und findet kaum Traktion. Die Gefahr eines Plattfußes durch einen scharfkantigen Stein (Durchschlag) steigt exponentiell. Die „Kosten“ sind hier nicht nur ein massiver Verlust an Kontrolle und Sicherheit, sondern potenziell ein defekter Reifen weit abseits der Zivilisation. Eine kleine Handpumpe und 10 Minuten Zeit sind die beste Investition in jedes Offroad-Abenteuer.
Der Vergleich in der Abenteuer-Klasse
Die V-Strom 1050DE positioniert sich als der unzerstörbare Traditionalist.
Modell | Motor | Charakter | Stärken | Schwächen |
Suzuki V-Strom 1050DE | 90°-V-Twin | Der unzerstörbare Traktor | Extrem robust, emotionaler Motor, Preis-Leistung | Sehr hohes Gewicht, einfaches Design |
Honda Africa Twin | 2-Zylinder-Reihe | Der ausgewogene Globetrotter | Legendäre Zuverlässigkeit, optionales DCT, Komfort | Weniger Leistung, weniger emotional |
BMW R 1300 GS | 2-Zylinder-Boxer | Der Hightech-Alleskönner | Agiles Handling, niedriges Gewicht, Top-Technologie | Hoher Preis, Komplexität |

Die Honda Africa Twin ist die ausgewogenere, technologisch oft fortschrittlichere (DCT) Wahl. Die BMW GS ist der leichtere, agilere und leistungsstärkere Primus. Die Suzuki V-Strom ist die ehrlichste, robusteste und vom Preis-Leistungs-Verhältnis her oft attraktivste Option für den Fahrer, der ein unkompliziertes, charakterstarkes Abenteuermotorrad sucht.
Fazit: Für wen ist die V-Strom 1050DE gebaut?
Die Suzuki V-Strom 1050DE ist das perfekte Motorrad für den pragmatischen Abenteurer. Sie ist für den Fahrer, der sein Motorrad als zuverlässiges Werkzeug und nicht als Statussymbol sieht. Sie ist die ideale Wahl für den Weltenbummler, der ein Motorrad sucht, das er im Notfall auch am Ende der Welt mit einfachen Mitteln reparieren kann, und für den Charakter und Langlebigkeit mehr zählen als das letzte PS.
Sie wird niemals einen Designpreis gewinnen oder im Leistungsquartett die Konkurrenz ausstechen. Aber sie wird ihren Besitzer zuverlässig an jeden Ort bringen, den er zu erreichen wagt. Sie ist kein filigranes Skalpell, sie ist ein robuster Hammer – ein Fels in der Brandung und eine Legende, die ihren Ruf jeden Tag aufs Neue verdient.
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