Mit der Neuauflage der F 800 GS für 2025 vollzieht BMW einen radikalen Schritt: Der Name bleibt, doch die Technik ist grundlegend neu. Angetrieben vom 895-Kubik-Reihenzweizylinder der 900er-Plattform, positioniert BMW sie als den zugänglichen und tourenorientierten Einstieg in die Welt der Mittelklasse-Reiseenduros. Sie verspricht GS-Tugenden – Vielseitigkeit, Komfort, Zuverlässigkeit – in einem beherrschbaren und preislich attraktiven Paket. Doch ist sie nur die „kleine“ Schwester der F 900 GS oder ein eigenständiges, clever konzipiertes Motorrad?
Der Motor: Wie fühlt sich der gedrosselte 900er-Antrieb an?
Der Motor ist das Herzstück der neuen F 800 GS und zugleich ihr größter Unterschied zur F 900 GS. Es handelt sich um denselben 895-ccm-Reihenzweizylinder, der jedoch per Software auf 87 PS bei 6.750 U/min und 91 Nm bei 6.750 U/min gedrosselt ist. Diese Maßnahme ist kein Manko, sondern eine bewusste Entscheidung für mehr Zugänglichkeit und einen anderen Charakter. Der Motor liefert seine Leistung extrem linear und souverän aus dem Drehzahlkeller. Er muss nicht hochgejubelt werden, sondern schiebt ab 3.000 U/min kräftig und gleichmäßig an. Das Ergebnis ist ein unglaublich entspanntes und stressfreies Fahren. Überholvorgänge auf der Landstraße gelingen mühelos, und der kernige, an einen V2 erinnernde Klang sorgt für die passende akustische Untermalung.

Tipp von Mathias Kalb: Lassen Sie sich nicht von der geringeren Spitzenleistung im Vergleich zur 900er GS abschrecken. Für 95 % aller Situationen auf öffentlichen Straßen ist das breite Drehmomentplateau der 800er GS der relevantere und im Alltag nutzbarere Wert.
Technische Daten der BMW F 800 GS (2025)
Merkmal | Daten |
Motor | Flüssigkeitsgekühlter 2-Zylinder-Reihenmotor, DOHC |
Hubraum | 895 cm³ |
Leistung | 64 kW (87 PS) bei 6.750 U/min |
Drehmoment | 91 Nm bei 6.750 U/min |
Sitzhöhe | 815 mm (optional bis 760 mm) |
Gewicht (fahrfertig) | 227 kg |
Tankinhalt | 15 Liter |
Fahrwerk vorne | 41 mm Telegabel, nicht einstellbar |
Fahrwerk hinten | Zentralfederbein, Vorspannung/Zugstufe einstellbar (Optional: Dynamic ESA) |
Bremsen vorne | Zwei 305-mm-Bremsscheiben, 2-Kolben-Schwimmsättel, ABS Pro |
Preis (Deutschland) | ab 11.250 € (Stand 2025) |
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Komfort und Tourentauglichkeit: Wie gut reist es sich auf der F 800 GS?
Hier spielt die F 800 GS ihre größten Trümpfe aus. Die Ergonomie ist auf langen Strecken exzellent. Der Fahrer sitzt entspannt und aufrecht, der Kniewinkel ist angenehm, und die Sitzbank ist komfortabel gepolstert. Mit einer Standard-Sitzhöhe von nur 815 mm (und optionalen Tieferlegungen) bietet sie auch kleiner gewachsenen Fahrern einen sicheren Stand, was das Vertrauen enorm steigert. Der Windschutz des kleinen, nicht verstellbaren Windschilds ist für Landstraßentempo ausreichend, für schnelle Autobahnetappen sollte man jedoch in das höhere Windschild aus dem Zubehörprogramm investieren. Die serienmäßige Ausstattung mit Heizgriffen und dem brillanten 6,5-Zoll-TFT-Display unterstreicht den Premium-Tourenanspruch.

Fahrwerk und Offroad-Potenzial: Wo liegen die Grenzen?
Das Fahrwerk ist klar auf die Straße und leichtes Gelände ausgelegt. Die 41-mm-Telegabel vorne ist nicht einstellbar, das Federbein hinten lässt sich in Vorspannung und Zugstufe justieren. Für den Solobetrieb auf Asphalt bietet dieses Setup einen sehr guten Kompromiss aus Komfort und Stabilität. Die F 800 GS lenkt neutral ein und bleibt auch in schnellen Kurven ruhig. Auf Schotterwegen und Feldwegen schlägt sie sich wacker, doch für anspruchsvolles Gelände ist sie nicht gemacht.
Der Ingenieur-Kompromiss: Zugänglichkeit vs. Einstellbarkeit
Die Entscheidung für eine nicht einstellbare Gabel und Gussräder (anstelle von Speichenrädern) ist ein klarer Kompromiss zugunsten eines niedrigeren Preises und einer geringeren Sitzhöhe. Wer sich für die F 800 GS entscheidet, erhält ein extrem zugängliches und einfach zu fahrendes Motorrad. Im Gegenzug verzichtet man auf die Einstellmöglichkeiten und die ultimative Offroad-Performance, die teurere Modelle wie die F 900 GS bieten. Es ist die Wahl zwischen einem hervorragenden Allrounder für die Straße und gelegentliche Abenteuer (F 800 GS) und einem spezialisierten Werkzeug für ambitionierteres Gelände (F 900 GS).

Der „Preis eines Fehlers“: Falsche Beladung ohne Anpassung
Ein typischer Fehler bei Tourenfahrern ist das Beladen des Motorrads mit Gepäck und Sozius, ohne das Fahrwerk anzupassen.
- Problem: Ein Fahrer belädt die GS mit 40 kg Gepäck und einem Sozius, lässt die Federvorspannung aber auf der Solo-Einstellung.
- Lösung: Erhöhen der Federvorspannung am hinteren Federbein mittels Handrad.
- Ergebnis (bei Nichtbeachtung): Das Heck sackt stark ein, was die Fahrwerksgeometrie negativ verändert. Der Lenkkopfwinkel wird flacher, das Motorrad lenkt unwilliger ein und neigt in schnellen Kurven zum Pendeln. Die Scheinwerfereinstellung ist zu hoch und blendet den Gegenverkehr. Vor allem aber reduziert sich die Schräglagenfreiheit drastisch. Die „Kosten“ sind nicht nur ein unsicheres Fahrgefühl, sondern auch das Risiko, in Kurven mit festen Teilen wie dem Hauptständer aufzusetzen, was zu einem Sturz führen kann.
Der Vergleich: Wie schlägt sich die F 800 GS gegen die Konkurrenz?
Die F 800 GS zielt auf das Herz des Reiseenduro-Marktes und trifft dort auf starke Rivalen.
Modell | Motor | Leistung | Gewicht | Stärken | Schwächen |
BMW F 800 GS | 2-Zylinder-Reihe | 87 PS | 227 kg | Niedrige Sitzhöhe, Top-Ausstattung, zugänglich | Fahrwerk nicht voll einstellbar, Gewicht |
Triumph Tiger 850 Sport | 3-Zylinder-Reihe | 85 PS | 216 kg | Charaktervoller Motor, Straßen-Fokus | Kaum Offroad-Potenzial, weniger Elektronik |
Suzuki V-Strom 800 | 2-Zylinder-Reihe | 84 PS | 223 kg | Exzellentes Fahrwerk (DE-Version), Robustheit | Einfachere Ausstattung, Design |
Die Tiger 850 Sport ist die rein straßenorientierte Alternative mit einem emotionalen Dreizylinder. Die V-Strom 800 ist der pragmatische und extrem robuste Allrounder, der besonders in der DE-Version offroad-tauglicher ist. Die BMW F 800 GS positioniert sich als der Premium-Tourer der Gruppe, der mit optionalem Dynamic ESA, dem besten Display und der niedrigsten Sitzhöhe punktet.
Fazit: Für wen ist die neue BMW F 800 GS die richtige Wahl?
Die BMW F 800 GS ist die perfekte Reiseenduro für alle, die ein unkompliziertes, komfortables und technologisch modernes Motorrad für die große Tour und den Alltag suchen. Sie ist eine exzellente Wahl für Wiedereinsteiger, Aufsteiger von kleineren Klassen und alle Fahrerinnen und Fahrer, für die eine beherrschbare Sitzhöhe und ein souveräner, stressfreier Motor wichtiger sind als maximale Spitzenleistung und Hardcore-Offroad-Fähigkeiten.
Sie ist vielleicht nicht die aufregendste oder sportlichste Option in diesem Segment, aber sie ist möglicherweise die cleverste und vielseitigste. Sie ist kein abgespecktes Sparmodell, sondern eine bewusst auf Zugänglichkeit und Tourenkomfort ausgelegte GS – ein echter Alleskönner und damit ein würdiger Einstieg in die legendäre GS-Welt.
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